ADAC Bergpreis Happurg
Im historischen BMW 700 RS beim Heimat-Bergrennen
Nachdem wir dieses Jahr nicht um eine Meisterschaft fahren, sondern ich nur sporadisch zu Entwicklungsfahrten in diversen Rennautos sitze, nutzte der Veranstalter des „ADAC Bergpreis Happurg“ seine Chance, um unsere Teilnahme anzufragen. Das Ganze mit den Worten: „Bei seinem Heimrennen darf der amtierende Deutsche Bergmeister nicht fehlen.“ Das Rennen, das bis 1990 ein „echtes“ Bergrennen zur Deutschen Berg-Meisterschaft war, fand nun zum zehnten Mal als Gleichmäßigkeitsprüfung für historische Fahrzeuge bis Baujahr 1985 statt. Showfahrten mit unserem Osella-BMW wären zwar der ursprüngliche Wunsch gewesen, schieden aber aus Zeitgründen aus. Somit waren andere Ideen gefragt.
Nachdem ich bei Friedhelm Nohl, dem Leiter des Historischen Motorsports bei BMW, sofort auf offene Ohren stieß, hat man sich bereit erklärt, ein dem Thema entsprechendes Fahrzeug zu suchen. Und das mit Erfolg: Seine zur Unternehmenssparte "BMW Classic" gehörende Abteilung hat einen BMW 700 RS aus ihrer Sammlung historischer Rennfahrzeuge zur Verfügung gestellt, der durch mein Team betreut wurde und mit dem ich zu Demonstrationsläufen an den Start ging.
Der 700 RS, von dem bei BMW Anfang der 60er Jahre gerade einmal zwei Exemplare als Prototypen für den Motorsport entstanden, war ein echtes Schmuckstück. Aufgebaut auf einem filigranen Gitterrohrrahmen mit Aluminiumkarosserie wurden wenige Technikteile des serienmäßigen BMW 700 verwendet, vieles waren Einzelanfertigungen. Die Motorleistung des extrem hochgezüchteten Zweizylinder-Boxers lag bei bis zu 87PS aus 700ccm Hubraum, das Gewicht weit unter 700kg. Bestimmung des Prototypen war, die Grenzen des technischen Konzepts des damals sehr beliebten BMW 700 aufzuzeigen und natürlich damit Erfolge vornehmlich bei Bergrennen einzufahren. Die beiden Renner wurden in den 60ern unter anderem durch Werksfahrer Hans Stuck Senior und den damaligen Leiter der BMW-Motorenentwicklung, Alexander von Falkenhausen pilotiert, der übrigens (und hier schloss sich der Kreis wieder) mit einem „BMW 700 Spezial“ auch Teilnehmer bei 1. Happurger Bergrennen 1963 war.
Mit der entsprechenden Ehrfurcht (immerhin war in genau diesem Fahrzeug der „Bergkönig“ Hans Stuck Senior schon gefahren), gingen wir die Sache an. Der Betreuungsaufwand bei einem solchen „Renner“ ist natürlich grundlegend anders, der Laptop zur Datenerfassung- und auswertung konnte getrost zu Hause bleiben, Heizdecken waren für die schmalen 145er Reifen ebensowenig nötig wie das Ausrechnen von Übersetzungen für das Getriebe und das Festlegen von Reifen- und Setupvariationen. Dafür war ich in den Kellern von BMW Classic entsprechend eingekleidet worden: Der historische weiße Rennoverall durfte nicht fehlen, auch die Fliegerbrille und die obligatorische weiße „Suppenschüssel“ auf dem Kopf wurde mir verpasst. Diese Dinge waren aus heutiger Sicht damals eher Zierde als Sicherheitsdetail, mangels Sicherheitsgurten hielt sich der Fahrer bei Kurvenfahrten am riesigen Lenkrad fest, bei einem Unfall purzelte er üblicherweise sowieso aus dem Auto und hoffte, ins weiche Gras und nicht gegen einen Baum zu fallen. Gute alte Zeit?
Der erste Trainingslauf brachte mich in überraschend gemächlicher Geschwindigkeit ins Ziel auf den Deckersberg bei Happurg. Es war teilweise eher ein Tuckern als ein Fahren. Ich war vor dem Trainingslauf keinen Meter mit dem historischen Gerät gefahren, mir war klar dass das Auto nicht so brachial anschieben würde wie der Osella-BMW mit 370PS bei selben Gewicht, aber war ich so verwöhnt? Mir taten die Herren Stuck und Konsorten schon fast leid, dass sie sich mit so einer „Wanderdüne“ damals die Berge hochquälen mussten, als wir die Ursache für die Fahrt in Zeitlupe fanden: Einer der beiden Gaszüge hatte sich gelöst, ich war von Beginn an auf nur einem Zylinder unterwegs gewesen. Die nötige Reparatur konnte (auch dank der Unterstützung des größten Fans des Autos, Herrn Gröschel vom BMW 700 Club sowie Teilen von Motorradrennfahrer Günther Maußner) schnell behoben werden.
Für den Rennlauf hatte ich mir mit Happurgs Bürgermeister Helmut Brückner prominente Unterstützung als Beifahrer ins Auto geholt und konnte nun endlich spüren wie sich der 700 RS mit voller Leistung anfühlt. Und das war schon bedeutend besser. Der Zweizylinder drehte sauber hoch, und obwohl ich das Drehzahllimit nicht ausnutzte kam erstmals echtes, wenn auch „damaliges“ Rennfeeling auf. Ich glaube der liebe Helmut hatte selbst mit so einem relativ schwachbrüstigen Fahrzeug einen guten Einblick in die Faszination „Bergrennen“. Ich hatte mich natürlich nicht lumpen lassen und den 700 RS artgerecht bewegt. An seinen Reaktionen oben im Ziel konnte ich eine Mischung aus Verwunderung und Rennfieber ablesen, so dass es mir leid tat, ihn nicht einmal bei einem „richtigen“ Rennen mit einem „richtigen“ Auto mitnehmen zu können. Aber wer weiß für was unsere Fahrt gut war, die Begeisterung war definitiv nicht gespielt!
Und so bleibt die Erinnerung an eine tolle Reise in die Rennsportgeschichte weit vor meiner Geburt und nur der Zukunftswunsch, den anspruchsvollen Happurger Berg irgendwann einmal im Rahmen eines „echten“ Rennens erleben zu dürfen...